Ungewollt kinderlos:
Das sollten Angehörige, Freunde und Kollegen wissen

Ungewollt kinderlos zu sein, ist nach wie vor ein Tabu. Aus Scham und Angst verurteilt zu werden, scheut man sich, darüber zu sprechen. Gleichzeitig schmerzt es, sich im Leid allein zu fühlen. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist für viele Menschen schwer zu verkraften. Warum das so ist und wie du als Angehörige, Freund oder Kollegin helfen kannst, das erfährst du in diesem Artikel.

Ungewollt kinderlos

1. Du kannst das Problem nicht lösen

Es tut weh mitanzusehen, wenn sich bei der Tochter oder Freunden der Wunsch nach Kindern nicht erfüllt. Bitte halte dich dennoch mit Vorschlägen zurück. Sage nicht, dass noch Zeit ist. Frage nicht, ob sie über Adoption oder Pflegekinder nachgedacht haben. Damit würdest du nicht auf die Betroffenen eingehen, sondern versuchen, dein eigenes Unbehagen zu lindern, indem du versuchst, deren Problem zu lösen.

 

Du kannst ihnen kein Kind schenken und wirst ihnen nichts vorschlagen können, woran sie nicht schon selbst gedacht haben. Wenn du helfen möchtest, kannst du sie fragen, ob und wenn ja, was du für sie tun kannst.

Achte auch auf dich selbst. Wenn du dich in einer Situation überfordert fühlst, ist das ganz normal. Sprich es einfach an. “Ich sehe, dass es dir schlecht geht. Das macht mich echt traurig und ich weiß nicht, was ich tun soll.”

2. Kein Mitleid, dafür Mitgefühl

“Mir kam gar nicht in den Sinn, dass ich um ein Kind trauere, das es nur in meiner Vorstellung gab. Jetzt weiß ich es besser.” Das gestand eine erschöpfte Klientin. Nach mehreren erfolglosen Kinderwunsch Behandlungen lebte sie einfach ihren Alltag weiter. Ihre Lustlosigkeit und depressive Stimmung brachte sie erst gar nicht mit dem Kinderwunsch in Verbindung.

 

Es ist nicht nur in Ordnung, in dieser Situation zu trauern. Es ist wichtig, um seelisch gesund zu bleiben.

 

Versuche nicht, die Trauer von jemandem, der ungewollt kinderlos ist, kleinzureden, zu verurteilen oder zu bemitleiden. Zeige stattdessen Mitgefühl. Das bedeutet, für diese Person da zu sein, zuzuhören und ihren Schmerz zu teilen. Gemeinsame Ausflüge anzubieten ist im Zweifel viel hilfreicher als Ratschläge zu erteilen.

 

Wenn die ungewollt kinderlose Person deine Tochter oder dein Sohn ist, trifft dich deren Schicksal besonders hart. Versuche nicht, deine eigene Trauer zu übergehen. Lass ihr den nötigen Raum, um zu heilen.

3. Auslöser sind überall

In den sozialen Medien, Filmen, Werbung und Gesprächen mit Freunden – überall scheint es normal und selbstverständlich zu sein, Kinder zu haben. Stell dir vor wie einsam es ist, wenn man in dieser Umgebung keine Kinder hat, aber gerne welche hätte.

 

Die Betroffenen selbst müssen Wege finden, mit diesen täglichen Herausforderungen umzugehen. Wenn du Rücksicht auf die Verletzlichkeit von Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch nehmen möchtest, halte dir im Kontakt zu anderen in Erinnerung, dass es nicht für jeden selbstverständlich ist, Kinder zu bekommen. Das gilt nicht nur für diejenigen, von denen du weißt, dass sie ungewollt kinderlos sind. Sondern auch für andere, die ihre Situation nicht offen ansprechen.

4. Scham und Sprachlosigkeit

Viele ungewollt kinderlose Menschen empfinden Scham darüber, etwas nicht zu schaffen, was anderen leicht fällt. Im sozialen Umfeld machen sie die Erfahrung, dass ihr Kummer um die Kinderlosigkeit nicht gesehen oder anerkannt wird.

 

Beides führt dazu, dass Gefühle nicht ausgesprochen werden, aus Furcht, dass sie verurteilt oder nicht ernst genommen werden. Aufmunterungen wie: “Ihr habt doch ein tolles Leben. Macht es euch einfach zu Zweit schön.” sind bestimmt gut gemeint aber legen den Finger in die offene Wunde.

5. Keine Kinder zu haben kann genauso stark verändern, wie Kinder zu haben

Ungewollt kinderlose Menschen leben nicht mehr das Leben, wie es Eltern vor der Geburt ihrer Kinder kannten. Der unerfüllte Kinderwunsch verändert sie, wie das Elternwerden die Menschen verändert.

 

Die Freiheit, nach der sich Mütter und Väter manchmal sehnen, können Kinderlose als schwere Bürde empfinden. Ein Kommentar wie, “Du hast es gut. Du brauchst nicht in den Schulferien in den Urlaub zu fahren.” ist für Betroffene schwer zu verdauen. Wenn die Kinderlosigkeit emotional verarbeitet ist, kann die Freiheit wieder geschätzt werden. Bis dahin ist das schwer.

6. Wie denkst du über Kinderlose?

Viele denken über kinderlose Menschen eher kritisch: Sie ist eine Karrierefrau. Selbst Schuld, wenn sie so spät mit der Familien-Planung beginnt. So ein egoistisches Paar. Meine Kinder zahlen deren Rente. Die mögen anscheinend keine Kinder, usw.

 

Gut wäre, wenn du die Möglichkeit mitdenkst, dass jemand ungewollt kinderlos ist. Vielleicht hat die Person schon 5 erfolglose Kinderwunsch Behandlungen hinter sich oder Kinder durch Fehlgeburten verloren. Vielleicht hat sie den passenden Partner nicht gefunden oder ein Partner will keine Kinder. Selbst, wenn sich jemand bewusst gegen Kinder entscheidet, ist das ja seine bzw. ihre Sache.

7. Die Wehmut bleibt

Die Wehmut über die ungewollte Kinderlosigkeit verändert sich im Laufe der Zeit, bleibt aber für viele Betroffene ein Leben lang bestehen. Sie kann in verschiedenen Lebensphasen und zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres besonders spürbar sein.

 

Wenn Geschwister, Freunde oder Kollegen Kinder bekommen oder später Enkel haben, kann das besonders schwer sein. Anlässe wie Weihnachten und Familienfeiern sind schmerzhaft, wenn man keine eigene Familie hat. Jedes Mal wird man daran erinnert, dass etwas fehlt.

 

Es liegt an den Betroffenen selbst, mit dieser Wehmut umzugehen. Wenn du unterstützen möchtest, bitte deine ungewollt kinderlose Freundin auch mal um Rat, wenn es um dein Kind geht. Sie kennt sich mit Kindern aus, weil sie selbst eins war. Höchstwahrscheinlich kann sie dir sogar helfen, deine schwierige Situation aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, da sie eben nicht die “Elternbrille” trägt.

8. Gleich zwei große Prüfungen

Wenn ein Kinderwunsch dauerhaft unerfüllt bleibt, hört die Belastung nicht einfach auf.

 

Den Wunsch nach Kindern aufzugeben und einen anderen Lebensweg zu finden, ist für viele schwer. Stell dir vor, dein Kopf sagt: “Schau nach vorne, das Leben geht weiter,” aber dein Herz klagt: “Ich will nicht aufgeben, vielleicht klappt es doch noch.” Jeder Schritt nach vorne fühlt sich wie Verrat am Herzen an. Und was vorne ist, weiß man nicht mehr. Stattdessen bleibt Leere.

 

Diese innere Zerrissenheit und die schwankenden Gefühle kosten viel Kraft.

 

Die Situation ist aber lösbar. Inneren Frieden und eine neue Perspektive zu finden ist möglich, wenn die ungewollte Kinderlosigkeit emotional verarbeitet wird. Du kannst helfen, indem du den Kummer ernst nimmst und die Tipps in diesem Text beherzigst.

 

Wenn du merkst, dass ein nahestehender Mensch in eine ernste Krise gerät, ermutige ihn, professionelle Hilfe anzunehmen. Mit erfahrenen Unterstützern wie Psychotherapeuten und spezialisierten Coaches ist es deutlich leichter, einen unerfüllten Kinderwunsch zu verkraften und neue Zuversicht zu gewinnen.

 

Ideen, Hilfestellung & Inspirationen für einen gelasseneren Umgang mit einem unerfüllten Kinderwunsch finden sich hier.

Du hast Fragen?

Du bist dir unsicher, wie du dich gegenüber einem nahen Menschen verhalten sollst, der ungewollt kinderlos ist? Im Gespräch finden sich Lösungen. Kontaktiere mich gerne für ein kostenfreies Kennenlernen.

Die Autorin

Claudia Moser ist Systemische Coach und PEP® Practitioner. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt es, Trekkingtouren im Himalaya zu machen und spontane Kochabende mit Freunden zu verbringen.

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