Deine beste Freundin ist schwanger und dich plagt der Neid: 7 hilfreiche Tipps

In einer Welt, in der sich so vieles um die Familie dreht, kann ein unerfüllter Kinderwunsch zu Neid auf das Glück der anderen führen. Die meisten Betroffenen fühlen sich unwohl mit ihren Neidgefühlen. Doch wie kann man Neid überwinden? Das erfährst du in diesem Artikel.

Claudia Moser unerfüllter Kinderwunsch und Neid

Eine Klientin mit Kinderwunsch sagte es  treffend: “Ich würde mich so gerne für meine schwangere Freundin freuen und irgendwie tue ich das auch. Aber gleichzeitig bin ich auch eifersüchtig auf sie. Das muss ich ehrlich zugeben. Ich fühle mich richtig zerrissen zwischen dem Neid auf ihr Glück, der Freude für sie, dem Frust über meine Kinderlosigkeit und der Scham darüber, dass ich neidisch bin.”

 

Ich kenne Neidgedanken gut aus meiner eigenen Kinderwunschzeit und empfand sie als etwas sehr Unangenehmes. Rückblickend waren es 7 Erkenntnisse, die mir halfen, sie zu überwinden.

 

Diese möchte ich hier teilen:

1. Nimm dein Neidgefühl an

Vielleicht hast du in anderen Lebenssituationen selbst schon einmal die Erfahrung gemacht, dass belastende Gefühle nicht einfach verschwinden, wenn du sie verdrängst. Sie werden über die Zeit eher noch stärker. Das gilt für Trauer, Wut, Angst und auch für Neid.

 

Versuche,  deine Neidgefühle anzunehmen. Sie sind menschlich und normal. Mach dir keine Vorwürfe für deine Gefühle, sondern erkenne an, dass du gerade eine schwierige Zeit durchmachst. Es ist nicht schön mit anzusehen, wie andere problemlos schwanger werden und Familien gründen.

2. Verstehe deinen Kinderwunsch

Nimm dir Zeit, deine Bedürfnisse zu reflektieren. Du könntest dich fragen: Wofür steht der Kinderwunsch in meinem Leben? Was verspreche ich mir davon, Kinder zu haben? Denn dahinter liegen Werte, die dir besonders wichtig sind.

 

Meistens setzt sich ein Kinderwunsch aus mehreren Motiven zusammen, wie z.B.:

 

  • Ich möchte meine Liebe weitergeben
  • Ich möchte ein Stück von mir weitergeben
  • Ich möchte eine eigene Familie haben. Nur dann sind wir vollständig
  • Nur mit Kind bin ich eine richtige Frau, ein richtiger Mann
  • Meine Eltern sollen stolz auf mich sein
  • Nur als Mutter, Vater bin ich gesellschaftlich wirklich anerkannt
  • Im Alter möchte ich nicht allein sein
  • Ich habe mir das Ziel gesteckt, Kinder zu haben. Jetzt möchte ich es auch erreichen

 

Sobald sich der oder die Beweggründe zeigen dürfen, verstehst du noch besser, woran es dir genau mangelt und worauf du bei anderen neidisch bist. Jetzt kannst du dir überlegen, wie wichtig diese Bedürfnisse tatsächlich für dich sind und wie du sie auch auf andere Art und Weise befriedigen könntest. Wenn du gerade versuchst, deinen Kinderwunsch loszulassen, dann empfehle ich dir den Artikel: Kinderwunsch loslassen: Diese 3 Schritte helfen dir dabei

3. Sprich über das, was weh tut

Für viele Frauen und auch Männer, die ungewollt kinderlos sind, ist der Umgang mit Schwangeren und kleinen Kindern zumindest zeitweise schwierig.

 

Wenn die Schwangere eine gute Freundin ist, könntest du deinen Schmerz in etwa so ausdrücken: “Ich freue mich wirklich sehr für dich, dass du ein Kind bekommst, aber gleichzeitig tut es mir weh, dass ich nicht schwanger werde. Das empfinde ich als sehr ungerecht.”

 

Oft kann ein offenes Gespräch Missverständnissen vorbeugen und die Beziehung sogar verbessern. Wenn ihr aussprecht, wie es euch geht und was ihr braucht, könnt ihr vereinbaren, wie ihr nun mit der Schwangerschaft gemeinsam umgehen wollt. So, dass die Beziehung für euch beide bereichernd bleibt.

 

Wenn du das nicht kannst oder nicht möchtest, ist es besser, dir zumindest für eine Zeit lang eine andere Bezugsperson zu suchen, mit der du über deinen Schmerz reden kannst. Schlucke deine Gefühle nicht einfach runter. Es ist definitiv besser, über Gefühle zu sprechen.

 

Eine Alternative zum Gespräch mit Menschen im sozialen Umfeld bieten Selbsthilfegruppen oder Betroffenen-Gruppen auf Social Media. Dort trifft man Menschen, die Ähnliches erleben und sich gegenseitig Kraft geben.

4. Stehe für dich selbst ein und setze Grenzen

Es gibt viele Auslöser für Neid im Zusammenhang mit dem Kinderwunsch: Social Media, Internet, Filme, Gespräche unter Freunden und Kollegen, Familienfeste u.v.m.

 

Überall begegnet man süßen Kindern, stolzen Müttern und Vätern oder glücklichen Familien. Der ganz normale Alltag kann für einen Menschen mit Kindersehnsucht zum Spießrutenlauf werden. Es ist kein Wunder, dass Neid aufkeimt, wenn man ständig damit konfrontiert ist, was im eigenen Leben fehlt.

 

Wenn du dich aber nicht dauerhaft als Opfer fühlen möchtest kommst du nicht umhin, dir deine Trigger bewusst zu machen und zu lernen, mit ihnen umzugehen.

 

Bei Familienfesten und Partys könntest du dich fragen: Wo mache ich mit und wo setze ich meine Grenzen?

 

  1. Möchte ich wirklich zu dem Fest gehen oder wäre es nur aus Pflichtgefühl? Jeder Mensch ist frei zu entscheiden, wohin er gehen möchte und welchen Situationen er sich aussetzt.
  2. Welche schwierigen Situationen oder Fragen könnten aufkommen und wie möchte ich darauf antworten? (Wie du mit distanzlosen Kommentaren und Fragen umgehen kannst, erfährst du hier)
  3. Wie kann ich mich möglichst elegant frühzeitig verabschieden, falls es mir auf einer Party zu viel wird? 
  4. Wenn es dir schon im Oktober vor Weihnachten graut, überlege, ob du nicht anders feiern möchtest. Vielleicht triffst du dich mit Freunden, die auch kinderlos sind, anstatt mit der Großfamilie. Oder du nimmst dir Urlaub und fliegst über die Feiertage in die Sonne.

5. Überwinde mit Dankbarkeit den Neid

Wenn wir uns besonders auf das konzentrieren was fehlt, erzeugen wir automatisch ein Gefühl des Mangels. Das macht klein und schwach. Die Auswirkung kannst du anhand einer kleinen Übung leicht nachvollziehen.

 

Setze dich dazu auf einen Stuhl und sprich folgendes aus (am besten laut): “Ich bin schwach, ich krieg es nicht gebacken, warum passiert das nur mir, ich strenge mich so an und xy wird im Handumdrehen schwanger. Zum Verzweifeln, alles Mist.” Und jetzt stehe auf und spüre einmal nach, wie leicht oder schwer dir das Aufstehen fällt.

 

Setze dich nun wieder auf den Stuhl und sage folgendes: “Ich bin echt ok, so wie ich bin, ich habe noch immer einen guten Weg für mich gefunden, das schaffe ich auch jetzt – komme, was wolle, ich bin ein zuversichtlicher Mensch.” Stehe wieder auf und spüre nach, wie leicht oder schwer dir das Aufstehen fällt. Dann vergleiche die beiden Erfahrungen. Häufig bemerkt man bereits bei dieser kleinen Übung, wie schwer es wortwörtlich auf uns lastet, wenn wir etwas Negatives denken. Und umgekehrt, wie leicht wir werden, wenn wir positiv denken.

 

Vielleicht denkst du jetzt: “Wie soll ich positiv denken, wenn ich mich nicht so fühle?”

 

In diesem Fall übe dich in Dankbarkeit. Warum? Weil wir automatisch innerlich wachsen, wenn wir dankbar sind. Mach dir dazu eine Liste mit allem, wofür du gerade – trotz des Kummers – dankbar bist: Vielleicht ist es die finanzielle Sicherheit, dein schöner Garten, dein treuer Hund, der gelungene Kuchen, die hilfsbereite Nachbarin, die Beziehung zu deinem Partner, ein erfolgreiches Projekt im Job, deine unvergessliche Radtour in Andalusien, das sonnige Wetter, der Regen,…

 

Trainiere Dankbarkeit regelmäßig – wie einen Muskel – und du wirst merken, wie du dich bald gelassener, zufriedener und stärker fühlst. Mit Dankbarkeit überwindest du das Gefühl der Ohnmacht und somit den Neid auf andere.

 

6. Nimm professionelle Unterstützung an

Wenn du das Gefühl hast, die Belastung wird zu groß, z.B. weil du nachts regelmäßig wach liegst und dich nicht mehr entspannen kannst, dann zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

Etwa von einem Therapeuten, einer Coach oder einer Beratungsstelle für Menschen mit Kinderwunsch (z.B. Pro Familia). Schaue dir deren Internetseiten an und buche ein unverbindliches Kennenlerngespräch, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wem du dich anvertrauen magst und wer zu dir passt.

 

Professionelle Unterstützung empfehle ich insbesondere, wenn es dir schwerfällt, mit dem Partner, der Partnerin, Freunden oder Angehörigen über deinen Kinderwunsch zu sprechen. Bleibe damit nicht allein. Suche dir jemanden, der sich mit unerfülltem Kinderwunsch auskennt und gut nachvollziehen kann, wovon du sprichst.

 

Beratungsgespräche werden häufig auch per Online-Meeting oder telefonisch angeboten.

7. Sei ehrlich mit dir selbst

Wenn wir ehrlich mit uns sind, dann wissen wir bereits,  dass ausnahmslos jeder Mensch ein “Päckchen” im Leben zu tragen hat. 

 

Beneiden wir andere Menschen, weil sie Kinder haben, dann bedeutet das im übertragenen Sinn: Wir hätten gern die Rosinen aus deren Kuchen.

 

Dabei haben sie auch ein Päckchen zu tragen. Ein anderes als wir:  Vielleicht haben sie Stress in der Beziehung oder mit der Schwiegermutter, eine belastende Krankheit, Geldsorgen, Probleme im Job. Wärst du bereit, auch all das mit ihnen zu tauschen?

Fazit

  1. Die Überwindung von Neid bei unerfülltem Kinderwunsch ist ein individueller Prozess, der Zeit braucht.
  2. Sei fürsorglich mit dir selbst und gestehe dir zu, dass es in Ordnung ist, diese Gefühle zu haben.
  3. Zögere nicht, Unterstützung zu holen, wenn die Belastung zu groß wird. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen für deine Bereitschaft und deinen Mut, für dich einzustehen.
  4. Vielleicht hast du es schon bemerkt: Wenn du die genannten Schritte beherzigst, wirst du nicht nur den Neid auf andere los, sondern sorgst gleichermaßen für Leichtigkeit und Zuversicht in deinem Leben. Also ein Gewinn auf gleich mehreren Ebenen!

Die Autorin

Claudia Moser ist zertifizierte systemische Coach. Sie begleitet Frauen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch und zeigt ihnen, wie sie aus ihrem Kinderwunsch eine Erfolgsgeschichte für sich machen – mit Kind oder ohne Kind. Claudia ist ungewollt kinderlos und lebt mir ihrem Mann in Reutlingen, liebt Trekkingtouren im Himalaya und spontane Kochabende mit Freunden.

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