Weniger Stress bei Kinderwunsch: Das kannst du tun

„Entspann dich, dann klappt das schon!“ ist ein häufiger, aber nutzloser Rat an Menschen mit Kinderwunsch. Niemand kann sich einfach auf Kommando entspannen. Es gibt auch keinen wissenschaftlichen Beweis für einen direkten Zusammenhang zwischen Stress und ausbleibender Schwangerschaft. Trotzdem ist es wichtig, während der Kinderwunschzeit die psychische Gesundheit zu stärken. In diesem Artikel erfährst du, warum das so ist und was dir dabei helfen kann.

Weniger Stress bei Kinderwunsch

Wie wirkt sich Stress bei Kinderwunsch aus?

a) Stress kann sich indirekt negativ auswirken

Auch wenn Stress nicht direkt unfruchtbar macht, kann er die Fruchtbarkeit indirekt beeinflussen. Stress kann  auch die Chance schwanger zu werden verringern.

 

Zum Beispiel:

 

  • Man greift zur Zigarette oder zum Alkohol, wenn es stressig wird. Das kann sich beim Mann auf die Qualität der Spermien und bei der Frau auf die der Eizellen bzw. auf den Menstruations-Zyklus auswirken.
  • Man isst zu viel oder zu wenig (Über- oder Untergewicht), um Stress zu kompensieren.
  • Wenn unter Druck die Libido leidet, kann das zu weniger Geschlechtsverkehr führen.

b) Stress kann zu Depressionen führen

Wenn sich Menschen ein Kind wünschen, können viele Faktoren Stress auslösen. Hier sind einige davon:

 

  • Biologischer Druck: Die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, nimmt mit dem Alter ab
  • Sozialer Druck: Eltern oder andere erwarten, dass man eine Familie gründet
  • Innere Konflikte
  • Unklare Gründe, warum es nicht klappt
  • Viele Termine bei Ärzten
  • Kinderwunschbehandlung, wie die künstliche Befruchtung, ist körperlich und seelisch anstrengend
  • Finanzielle Belastung durch Behandlung
  • Fehlgeburten
  • Probleme in der Partnerschaft
  • Immer wieder wechselnde Gefühle zwischen Hoffnung und Enttäuschung
  • Selbstvorwürfe
  • Die Angst, es nicht zu schaffen
  • Der Gedanke, mit dem Problem alleine zu sein

 

Viele Faktoren können bei Kinderwunsch Stress erzeugen. Werden Stress und seine Auslöser verharmlost oder ignoriert, kann das über die Zeit zu einer Überlastung der Psyche führen. Eine Depression kann sich entwickeln.

Tipp 1: Gib deinem Kinderwunsch einen Rahmen und erlaube dir einen Plan B

Viel Stress kann vermieden werden, wenn der Kinderwunsch einen Rahmen erhält. Und mit einem guten Plan B entlasten wir uns davon, ein bestimmtes Ziel erreichen zu müssen.

 

Wir können nicht wissen, ob wir in einem Monat, in einem Jahr oder nie schwanger werden. Deshalb lohnt es sich, wenn du dir und ihr euch als Paar gleich zu Anfang klärende Fragen stellt. Das ist denkbar unromantisch. Dafür geben die Antworten während der Wartezeit eine Orientierung und bilden die Basis für Entscheidungen.

 

  1. Wofür steht der Kinderwunsch in meinem Leben?
  2. Wie lange möchte ich versuchen, den Kinderwunsch zu verwirklichen?
  3. Wen will ich zu meiner Unterstützung einweihen, wen nicht?
  4. Wie soll es in dieser Zeit beruflich für mich weitergehen?
  5. Welche Behandlungen würde ich akzeptieren, um schwanger zu werden?
  6. Kann ich mir vorstellen, ein Adoptiv- oder Pflegekind aufzunehmen?
  7. Wie soll es für mich beruflich weitergehen, wenn ich ein Kind habe?
  8. Falls sich mein Wunsch nicht erfüllt, welche anderen Lebenswege sind dann interessant für mich?

 

Paaren empfehle ich, die Fragen zuerst für sich selbst zu beantworten – uns anschließend miteinander abzugleichen.

Tipp 2: Lass deine Selbstvorwürfe los

Vielleicht denkst du, du hättest dich mehr anstrengen sollen. Oder dass deine vergangenen Entscheidungen deine Chancen beeinflusst haben könnten. Selbstvorwürfe fühlen sich an wie Strafen, die wir uns auferlegen.

 

Kein Wunder, dass ich nicht schwanger werde:

 

  • „Ich habe mich nicht genug angestrengt.“
  • „Ich habe früher zu viel geraucht, zu viel gearbeitet, nicht auf meine Ernährung geachtet.“
  • „Ich habe meiner Karriere zu lange den Vorrang gegeben.“

 

Würdest du einer Freundin / einem Freund ähnliche Vorwürfe machen? Bestimmt nicht. Selbstvorwürfe können besonders belastend sein, wenn es um den Kinderwunsch geht. Sie bringen uns nicht weiter und können zusätzlichen Stress verursachen. Sei nicht hart zu dir.

 

Niemand ist perfekt. Es ist normal, dass alle Mütter und Väter vor der Zeugung eines Kindes Entscheidungen getroffen haben, die theoretisch die Chancen beeinflusst haben.

Tipp 3: Bleibe in Bewegung

Spästestens wenn sich der Kinderwunsch nach einem halben Jahr nicht erfüllt, beginnen wir zu grübeln. “Klappt es nächsten Monat? Warum passiert das mir? Was mache ich falsch?” Beim Grübeln stellen wir uns Fragen, die sich nicht beantworten lassen. Anstatt Auswege aufzuzeigen, drehen wir uns im Kreis und empfinden Stress.

 

Um negative Gedanken loszuwerden, ist es am besten, sich zu bewegen. Einfache Aktivitäten wie Spazierengehen, Fensterputzen, Radfahren, Schwimmen oder Gartenarbeit helfen.

 

Bewegung sorgt für:

 

  • Ablenkung: Wir lenken uns ab von trüben Gedanken. Statt uns in Sorgen zu verlieren, konzentrieren wir uns auf unsere Bewegung und die Umgebung um uns herum.
  • Abbau von Stress: Bewegung hilft,  Stresshormone abzubauen und die Entspannung zu fördnern.
  • Gute Laune: Während wir uns bewegen, werden Endorphine freigesetzt, die für ein positives Gefühl sorgen.
  • Erholsamen Schlaf: Regelmäßige Bewegung hilft, nachts besser zu schlafen.
 

Wenn wir es schaffen, unser Grübeln auf ein Minimum zu beschränken, fühlen wir uns nicht nur wohler. Unser Gehirn denkt auch konstruktiver.

Tipp 4: Mach nicht alles mit dir alleine aus

Viele Menschen scheuen sich, über einen unerfüllten Kinderwunsch zu sprechen. Andererseits wiegt die Last schwer, wenn man sich mit den Problemen allein fühlt. Um Hilfe zu bitten wird oft missverständlich als Schwäche bewertet. Das Gegenteil ist der Fall. Untestützung anzunehmen zeugt von wahrer Eigenverantwortlichkeit.

 

Es ist großartig, wenn du und dein Partner oder deine Partnerin einander unterstützen. Es kann hilfreich sein, eine weitere Person ins Vertrauen zu ziehen, um eure Beziehung zu entlasten.

 

Manchmal stehen Freunde oder Verwandte als Unterstützer bereit. Es gibt Kinderwunsch-Vereine, Selbsthilfe-Gruppen, Online-Communities und Frauen-Gesundheitszentren, die Unterstützung bieten.

 

Und es gibt Fachleute wie Therapeut:innen, Coaches, Berater:innen und Ärzt:innen, die sich auf die emotionale Stärkung bei Kinderwunsch spezialisiert haben.

Fazit

1. Stress hat keinen direkten, aber einen indirekten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden.
 
2. Wenn der Stress des Kinderwunsches verharmlost oder ignoriert wird, kann sich im Laufe der Zeit eine Depression entwickeln.

 

3. Erlaube dir, über einen Rahmen und einen Plan B für deinen Kinderwunsch nachzudenken. 

 

4. Hadere nicht mit dir – niemand macht vor der Zeugung eines Kindes alles richtig. 

 

5. Bewegung entlastet und fördert klares Denken. 

 

6. Hilfe anzunehmen, zeigt wahre Eigenverantwortung.

Die Autorin

Claudia Moser ist Systemische Coach und ausgebildete PEP®-Anwenderin. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt Trekkingtouren im Himalaya und spontane Kochabende mit Freunden.

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