Welcher Mensch mit unerfülltem Kinderwunsch kennt sie nicht – unsensible Kommentare, übergriffige Fragen und Ratschläge zur Familienplanung. Wie kann man sich davor schützen? Ich habe gelernt: Je besser ich darauf vorbereitet bin, desto passender kann ich reagieren, ohne mich schlecht zu fühlen. Hier sind 6 Tipps, wie du dich schützen kannst.
Als ungewollt kinderlose Frau habe ich mich schon oft über verletzende Kommentare geärgert. Ganz besonders störend empfand ich sie während der aktiven Kinderwunschzeit. Lange wusste ich mir nicht zu helfen. Jede unbedachte Äußerung nahm ich mir zu Herzen.
Mit der Zeit habe ich gelernt, leichter mit solchen Kommentaren umzugehen. Heute weiß ich: Die meisten Menschen meinen es nicht böse – es ist eher einer gewissen Unsensibilität für das Thema, Unwissenheit oder Überforderung geschuldet.
Das soll niemanden von der Verantwortung für eine wertschätzende Kommunikation freisprechen. Doch bringt es auch nichts darauf zu hoffen, dass die anderen verstehen und ihr Verhalten ändern. Nimm die Zügel lieber in die Hand und schütze dich selbst vor unsensiblen Kommentaren!
Erlaube dir, deine Grenzen zu setzen und deutlich zu kommunizieren, was für dich akzeptabel ist und was nicht.
Hier einige Beispiele und was du darauf antworten könntest:
“Ihr müsst euch nur entspannen!”
“Sei doch froh und genieß dein Leben. Kinder zu haben ist nicht nur schön!”
“Soll ich euch mal zeigen, wie es geht?”
“Hast du Kinder?”
“Wollt ihr keine Kinder?”
Welche Antwort passt ist auch von deinem Typ abhängig. Zudem kommt es darauf an, mit wem du gerade sprichst. Meine genannten Antworten sind nur Vorschläge, die dir als Inspiration dienen können.
MEIN TIPP:
Wenn du befürchtest, in einer solchen Situation vor Schreck kein Wort raus zu kriegen oder die Fassung zu verlieren, kann es helfen, zu Hause ganz in Ruhe Antworten auf mögliche unangenehme Kommentare zu überlegen.
Probiere sie vor dem Spiegel aus – so lange, bis du das Gefühl hast: Jetzt passt es zu mir! Sowohl der Inhalt als auch deine Haltung und deine Stimme beim Sprechen sollen sich gut für dich anfühlen. Dieses Training kann man auch gut mit einer Freundin oder dem Partner machen.
Suche dir vertraute Menschen in deinem sozialen Umfeld, die dich verstehen und unterstützen. Das können Freunde, Familienmitglieder oder andere Paare sein, die ebenfalls mit einem unerfüllten Kinderwunsch zu kämpfen haben.
Ja, es braucht Mut, auszusprechen, wie unzulänglich, traurig, enttäuscht oder wütend man sich gerade fühlt. Aber was ist denn die Alternative? Schweigen?
Dabei hat jeder schon einmal erfahren, wie gut reden tun kann:
MEIN TIPP:
In deinem persönlichen Umfeld gibt es niemanden, dem du dich anvertrauen möchtest oder kannst? Dann schaue nach Selbsthilfegruppen in deiner Umgebung. Auch auf Social Media Plattformen gibt es Gruppen von Betroffenen, die sich gegenseitig Halt geben.
Eine Alternative zu privaten Bezugspersonen ist professionelle Unterstützung. Spezialisierte Coaches und Therapeuten können bei allen emotionalen Herausforderungen helfen, die mit einem unerfüllten Kinderwunsch einhergehen. Sie entwickeln mit dir Strategien zum Umgang mit verletzenden Äußerungen und unterstützen dich dabei, dein Selbstbewusstsein, dein Selbstvertrauen und deinen Selbstwert wieder zu stärken.
MEIN TIPP:
Oft bieten Coaches und Therapeuten kostenfreie Kennenlerngespräche an. Nutze ein solches Gespräch, um herauszufinden, ob eine professionelle Unterstützung etwas für dich ist und ob der- oder diejenige gut zu dir passt.
Ein unerfüllter Kinderwunsch kostet viel Kraft. Verliere deine körperliche und geistige Gesundheit darüber nicht aus den Augen. Je schwächer du dich fühlst, umso leichter können dich unsensible Kommentare und gut gemeinte, aber wenig hilfreiche Ratschläge aus der Bahn werfen.
MEIN TIPP:
Falls dir im Moment so gar nicht einfallen mag, was dir Freude bereitet, beginne einfach mit dieser Übung:
Frage dich: „Wann wird es mir zumindest ein kleines bisschen warm ums Herz?“ Sammle dazu mindestens 50 Situationen, Menschen, Tiere, Pflanzen oder Gegenstände. Du wirst überrascht sein, was du plötzlich alles wahrnimmst: Ein freundliches „Guten Morgen“ der Nachbarin, ein Korb voller saftiger Kirschen, die schöne Wanderung mit Freunden, der atemberaubende Sonnenuntergang im Urlaub.
Kinder sind für viele Menschen ein harmloses Smalltalk Thema. Wenn du dich gerade besonders verletzlich fühlst, dann zwinge dich besser nicht, auf die Party oder das Familienfest zu gehen, NUR damit du gesellschaftlichen Erwartungen gerecht wirst. Als Paar könnt ihr bei Veranstaltungen auch ein Auge auf den anderen haben und euch gegenseitig unterstützen, wenn es zu kniffligen Situationen kommt.
Schwierig wird es, wenn Freunde Eltern werden. Natürlich wollen diese dann über Kinder und das Leben als Familie sprechen. Mit guten Freunden könntest du das offene Gespräch suchen und besprechen, wie ihr gemeinsam mit der Situation umgehen wollt.
MEIN TIPP:
Es soll nicht das Ziel sein, allen schwierigen Situationen dauerhaft aus dem Weg zu gehen. Das macht einsam. Lerne lieber einen leichteren Umgang damit.
Vermutlich sind die allermeisten verletzende Kommentare gar nicht böse gemeint. Vielmehr ist es anderen gar nicht bewusst, was sie mit guten Ratschlägen und flapsigen Tipps zur Familienplanung auslösen können.
Die Gründe dafür sind vielseitig:
Auch wenn du dir wünschst, dass die anderen endlich sensibler werden – warte nicht darauf, dass sie sich ändern. Versuche lieber, die Kommentare anderer Menschen nicht persönlich zu nehmen und lerne loszulassen. Das, was sie sagen, sagt in erster Linie etwas über sie selbst aus.
MEIN TIPP:
Richte deinen Fokus auf deine eigene Reise und dein Wohlbefinden und erlaube dir, dich von negativen Einflüssen nicht beeinflussen zu lassen.
Claudia Moser ist Systemische Coach und PEP® Practitioner. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt es, Trekkingtouren im Himalaya zu machen und spontane Kochabende mit Freunden zu verbringen.