Sekundäre Sterilität:
Wenn das zweite Kind
nicht kommt

Viele Eltern träumen davon, dass ihr Kind nicht alleine aufwächst. Bleibt der Geschwisterkinderwunsch unerfüllt, beginnt eine oft schmerzhafte Suche nach Antworten. In diesem Artikel erfährst du, welche Ursachen dahinterstecken können, was medizinisch möglich ist und wie du neue Kraft findest, mit dieser Situation umzugehen.

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Warum dieser Wunsch so weh tut

Viele Eltern gehen ganz selbstverständlich davon aus: Wenn es einmal geklappt hat, dann klappt es wieder. Doch was, wenn es diesmal anders ist? Wenn das ersehnte Geschwisterkind ausbleibt, egal, wie sehr man es sich wünscht?

 

Die Medizin spricht dann von sekundärer Sterilität, wenn nach einer vorangegangenen Schwangerschaft mehr als 12 Monate lang keine erneute Empfängnis eintritt – obwohl ein Kinderwunsch besteht und regelmäßig Geschlechtsverkehr stattfindet. Etwa acht bis zehn Prozent der Paare in Industrieländern sind davon betroffen.

 

Während man über den unerfüllten Wunsch nach einem ersten Kind inzwischen häufiger spricht, bleibt der Schmerz um ein ausbleibendes zweites oder drittes Kind oft unsichtbar. Viele hören Sätze wie: „Seid doch froh, dass ihr überhaupt ein Kind habt.“

Ein kurzer Einblick: Aus meiner Arbeit

Ich erinnere mich an eine Frau, die einmal in mein Coaching kam. Sie hatte eine Tochter, ein fröhliches, lebhaftes Mädchen. Und doch war da diese Lücke: Ein zweites Kind blieb ein unerreichbarer Traum. Eine Erkrankung machte eine weitere Schwangerschaft unmöglich.

 

Noch während sie mir davon erzählte, fragte sie sich, ob sie überhaupt das Recht habe, traurig zu sein. „Es gibt doch so viele, die gar kein Kind haben“, sagte sie beschämt.

 

Solche Sätze höre ich oft. Doch für mich gilt: Jeder Kinderwunsch ist berechtigt – ob es das erste, zweite oder dritte Kind ist. Und jede Sehnsucht nach einem Kind sollte gesehen und ernst genommen werden.

Warum bleibt das zweite Kind aus?

Viele Paare sind überrascht, wenn es plötzlich nicht mehr so leicht klappt wie beim ersten Mal. Ein Teil liegt daran, dass unser Körper sich verändert. Manche Ursachen sekundärer Unfruchtbarkeit sind klar, andere bleiben ein Rätsel.

Einfluss des Alters

Mit jedem Jahr sinkt die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden. Mit Anfang 30 liegt die Chance pro Zyklus noch bei 20 bis 25 Prozent. Mit Mitte 30 sinkt sie auf 10 bis 15 Prozent. Mit 40 Jahren sind es nur noch etwa 5 Prozent.

 

Viele denken: „Das betrifft mich nicht – ich habe ja schon ein Kind bekommen.“ Doch die Biologie bleibt.

Was sonst noch eine Rolle spielt

  • Komplikationen nach der ersten Geburt: Narben, Entzündungen, Operationen können Spuren hinterlassen.

  • Krankheiten wie Endometriose oder PCOS können die Fruchtbarkeit zusätzlich erschweren. Auch Hormonveränderungen oder Schilddrüsenprobleme können sich auf eine erneute Schwangerschaft auswirken.

  • Auch bei Männern verändert sich die Spermienqualität mit den Jahren – langsamer, aber spürbar. Darüber hinaus können Stress, Umweltgifte oder hormonelle Veränderungen die Spermienqualität negativ beeinflussen.

  • Und dann ist da noch der Alltag selbst: Schlafmangel, Stress, Rauchen, Alkohol, ungesunde Ernährung –  auch das kann sich auswirken.

Wann zum Arzt?

Viele Paare zögern, sich Hilfe zu holen. Dabei kann ein Arztbesuch Entlastung bringen.

 

  • Frauen unter 35 sollten nach einem Jahr ohne Erfolg einen Arzt aufsuchen.

  • Ab 35: schon nach sechs Monaten.

  • Ab 40: so früh wie möglich

Was wird untersucht?

  1. Hormonstatus (z.B. FSH = Follikelstimulierendes Hormon, LH = Luteinisierendes Hormon, AMH = Anti-Müller-Hormon, TSH = Thyreoidea-stimulierendes Hormon, Prolaktin)
  2. Ultraschall der Eierstöcke und Gebärmutter
  3. Zyklusmonitoring (Eisprungkontrolle)
  4. Prüfung der Eileiter-Durchgängigkeit (z.B. mittels HSG = Hysterosalpingografie oder HyCoSy = Hysterosalpingo-Contrast-Sonografie)
  5. Spermiogramm des Partners
  6. Abklärung von Vorerkrankungen, Operationen oder Infektionen 

Je nach individuellem Fall können weitere Untersuchungen erfolgen. 

Welche Wege die Medizin bietet

Die moderne Kinderwunschmedizin kennt viele Weg

Die Reproduktionsmedizin bietet vielfältige Möglichkeiten – auch beim Wunsch nach einem zweiten Kind. Von Hormonbehandlungen zur Eizellreifung über Insemination (IUI) bis zu In-vitro-Fertilisation (IVF) oder ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion).

 

Die Bandbreite der medizinischen Hilfe ist groß. Welche Methode sinnvoll ist, hängt von der individuellen Situation ab. In Deutschland ist eine Eizellspende zwar verboten, doch eine Samenspende kann in manchen Fällen eine Option sein.

Daneben gibt es alternative Wege:

Auch ergänzend zur klassischen Kinderwunschbehandlung können alternative Methoden sinnvoll sein: Akupunktur, Osteopathie, gezielte Ernährungsberatung oder eine achtsame Umstellung des Lebensstils (z.B. mehr Bewegung, weniger Stress, bewusste Schlafroutine).

 

All das kann den Zyklus und die Spermienqualität positiv beeinflussen und die Fruchtbarkeit auf natürliche Weise stärken. Studien zeigen, dass diese Begleitmaßnahmen das Wohlbefinden verbessern und auch den Behandlungserfolg unterstützen können: Wichtig ist: was gut tut, ist individuell – es lohnt sich, auf die eigene Intuition zu hören.  

Wenn die Seele leidet

Was oft unterschätzt wird: Der unerfüllte Wunsch nach einem Geschwisterkind kann genauso schmerzen wie der nach dem ersten  Kind. Er kann das Gefühle von Trauer, Ohnmacht oder Schuld auslösen. 

Ich höre von Schuldgefühlen und zermürbenden Fragen:


„Bin ich nicht dankbar genug?“
„Mache ich etwas falsch?“
„Habe ich etwas versäumt?“

 

Manche fürchten, ihrem ersten Kind etwas zu nehmen, wenn kein Geschwisterchen kommt. Andere spüren Neid, wenn Freunde wieder Eltern werden. Wenn du wissen möchtest, wie du mit starken Gefühlen wie Neid umgehen kannst, findest du hier weiterführende Tipps: Neidgefühle bei unerfülltem Kinderwunsch: So überwindest du sie

Die Partnerschaft: Zwei Blicke, eine Hoffnung

Manchmal möchte einer weiterkämpfen, während der andere sagt: „Ich kann nicht mehr.“ Auch das macht es schwer. Denn ein gemeinsamer Kinderwunsch bedeutet nicht immer den gleichen Weg dorthin.

 

Jede Partnerschaft durchläuft ihren eigenen Rhythmus, mit unterschiedlichen Tempi, Zweifeln und Hoffnungen.

Es hilft, offen miteinander zu sprechen – ohne Druck, aber mit Ehrlichkeit. Auch eine professionelle Begleitung kann unterstützen, um besser zu versehen, was jede:r will, braucht und (noch) tragen kann. 

Was du selbst tun kannst

Viele Paare legen Pausen ein. Monate, in denen der Kinderwunsch nicht alles bestimmt. Urlaub. Zeit zu dritt. Gemeinsame Hobbys pflegen. Kleine Fluchten vom Rechnen und Planen. Manche entscheiden sich, ihr Familienleben anzunehmen, wie es ist. Nicht als Kapitulation, sondern als bewusste Wahl. Manchmal kehrt erst dann Ruhe zurück.

Den Selbstwert stärken

Ein unerfüllter Kinderwunsch macht Menschen weder zu weniger Frau noch zu weniger Mann. Du bist mehr als deine Fruchtbarkeit. Wenn du merkst, dass sich deine Gedanken im Kreis drehen oder du beginnst, an dir selbst zu zweifeln, sprich darüber: Mit Menschen, die dich verstehen. Oder mit jemandem, der dich professionell begleiten kann. Selbstfürsorge beginnt damit, sich selbst wieder als Ganzes zu sehen. 

Manche Wege führen woanders hin

Für manche Paare kann Adoption oder die Aufnahme eines Pflegekindes ein alternativer Weg sein – nicht als Ersatz, sondern als bewusste Entscheidung für ein erfülltes Familienleben. Und manchmal liegt die Antwort in einem einzigen Satz: „So wie es ist, ist es gut.“  Nicht, weil es leicht ist – sondern weil es Frieden bringen kann.

Du musst da nicht allein durch

Wenn du spürst, dass du an diesem Punkt Unterstützung brauchst – du bist nicht allein. Der unerfüllte Wunsch nach einem Geschwisterkind kann eine tiefe, anhaltende Belastung sein.

 

Wer diese Sehnsucht dauerhaft mit sich trägt, kann chronischen Stress entwickeln. Das wiederum kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, psychosomatische Erkrankungen verstärken oder zu depressiven Verstimmungen führen. Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche – es ist ein Zeichen von Selbstfürsorge und innerer Stärke.

 

Vielleicht interessiert dich auch mein Aritkel zum Umgang mit Stress bei Kinderwunsch: Weniger Stress bei Kinderwunsch: Das kannst du tun

Häufige Fragen zur sekundären Sterilität

Sekundäre Sterilität bezeichnet die Unfähigkeit, nach einer bereits erfolgten Schwangerschaft erneut schwanger zu werden. 

Etwa 8–10 % aller Paare in Industrieländern erleben sekundäre Unfruchtbarkeit.

Alter, Hormonveränderungen, Komplikationen nach der ersten Geburt, Stress und Lebensstilfaktoren spielen eine Rolle.

Frauen unter 35: nach 12 Monaten. Frauen über 35: nach 6 Monaten. Ab 40: möglichst sofort.

Coaching hilft, emotionale Belastungen und Stress zu reduzieren, Schuldgefühle zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln.

Die Autorin

Claudia Moser ist Systemische Coach und ausgebildete PEP®-Anwenderin. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt Trekkingtouren im Himalaya und spontane Kochabende mit Freunden.

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Wenn du merkst, dass du an dieser Stelle allein nicht weiterkommst: Vielleicht magst du dir Unterstützung holen. In meinem Coaching begleite ich Menschen dabei, ihren Weg durch diese Zeit zu finden – einfühlsam, ohne Druck, in deinem Tempo.