Sekundäre Sterilität:
Ursachen, Psyche & was jetzt hilft
Von Claudia Moser, systemische Coach
Sekundäre Sterilität bedeutet: Trotz regelmäßigem Verkehr tritt nach 12 Monaten keine erneute Schwangerschaft ein. Sie ist häufig – und emotional belastend. Was dahintersteckt und wie du mit der Situation umgehen kannst, erfährst du hier.
Darum geht es hier:
Einblick aus meiner Arbeit: Gefühle ernst nehmen
Ich erinnere mich an eine Frau, die einmal zu mir ins Coaching kam. Sie hatte eine Tochter, ein fröhliches, lebhaftes Mädchen. Trotzdem war die Frau traurig. Der Wunsch nach einem zweiten Kind blieb für sie unerreichbar, denn eine Erkrankung machte eine weitere Schwangerschaft unmöglich.
Noch während sie mir davon erzählte, fragte sie sich, ob sie überhaupt das Recht habe, traurig zu sein. „Es gibt doch so viele, die gar kein Kind haben“, sagte sie beschämt.
Solche Gedanken höre ich immer wieder. Doch für mich gilt: Jeder Kinderwunsch ist berechtigt, ganz gleich, ob es das erste, zweite oder dritte Kind betrifft. Und jede Sehnsucht nach einem Kind – und der Schmerz, wenn sie unerfüllt bleibt – verdient es, gesehen, anerkannt und ernst genommen zu werden.
Sekundäre Sterilität: Gründe & Abklärung
Viele Paare sind überrascht, wenn es beim zweiten Kind nicht mehr so leicht klappt wie beim ersten. Die Ursachen können vielfältig sein – und oft greifen mehrere Faktoren ineinander.
- Alter: Mit zunehmendem Alter sinkt die Wahrscheinlichkeit, erneut schwanger zu werden - auch wenn es beim ersten Kind vielleicht problemlos geklappt hat.
- Gesundheitliche Faktoren: Manchmal spielen Komplikationen nach der Geburt, hormonelle Veränderungen oder Erkrankungen wie Endometriose oder PCOS eine Rolle.
- Männliche Faktoren: Auch die Spermienqualität kann sich verändern - etwa durch Stress, Alter oder Umweltgifte.
- Alltag & Lebensstil: Schlafmangel, hohe Belastungen, Rauchen, Alkohol oder Ernährung können zusätzlich Einfluss haben.
Wann eine Abklärung sinnvoll ist:
Bleibt eine Schwangerschaft trotz regelmäßigem Geschlechtsverkehr länger als 12 Monate aus, empfehlen Fachgesellschaften eine ärztliche Untersuchung. Bei Frauen über 35 Jahren sollte die Abklärung bereits nach 6 Monaten erfolgen – oder früher, wenn bekannte Risikofaktoren vorliegen.
Psychische Folgen sekundärer Sterilität
Der unerfüllte Wunsch nach einem Geschwisterkind trifft viele Menschen mitten ins Herz. Denn die Erfahrung zeigt: Auch wenn bereits ein Kind da ist, können Gefühle von Trauer, Ohnmacht oder Scham sehr präsent sein – und sie lassen sich nicht einfach wegreden.
Typische Belastungen, die ich in meiner Arbeit häufig erlebe:
- Trauer & Ohnmacht: Das Gefühl, etwas so Wichtiges nicht beeinflussen zu können.
- Schuld & Scham: Fragen wie "Bin ich überhaupt dankbar genug?" oder "Mache ich etwas falsch?" nagen an der Selbstwahrnehmung.
- Neid und Vergleiche: Freunde oder Familie bekommen weitere Kinder - und man selbst bleibt zurück.
- Partnerschaftliche Spannungen: Unterschiedliche Bedürfnisse und Schuldgefühle führen leicht zu Konflikten.
Fragen zur Selbstreflexion
Manchmal hilft es, Gedanken bewusst zu sortieren:
- Welche Glaubenssätze belasten mich am meisten?
- Welche Schuldgefühle habe ich – und sind sie wirklich gerechtfertigt?
- Welche kleinen Momente der Freude kann ich mir täglich bewusst machen?
Diese Art der Reflexion kann ein erster Schritt sein, um die eigene Sicht zu weiten und innerlich wieder mehr Ruhe zu finden.
Partnerschaft: Konflikte psychologisch verstehen
Wenn ein zweites Kind ausbleibt, erleben Paare oft ganz unterschiedliche Bedürfnisse: Der eine will sofort weitermachen, die andere braucht Abstand. Sexualität kann unter Druck leiden, Erwartungen klaffen auseinander – und schnell fühlt man sich allein mit seinen Gefühlen.
Wie wir im Coaching daran arbeiten
- Wir schauen uns an, welche Bedürfnisse gerade bei dir im Vordergrund stehen.
- Wir üben, Gefühle klar auszusprechen - ohne Vorwürfe, sondern in Form von Ich-Botschaften.
- Wir entwickeln kleine Routinen, die die Partnerschaft entlasten - zum Beispiel Gesprächszeiten, Pausen oder gemeinsame Rituale.
So entsteht Raum, in dem ihr beide wieder gehört werdet und die Verbindung gestärkt werden kann.
Alternative Wege & innere Akzeptanz
Nicht jeder Kinderwunsch erfüllt sich so, wie man es sich erträumt hat. Ein wichtiger Schritt kann sein, innere Akzeptanz zu entwickeln – also die Situation anzunehmen, ohne den Wunsch sofort aufzugeben. Das bedeutet nicht, die Sehnsucht kleinzureden, sondern sich nicht völlig von ihr bestimmen zu lassen.
Alternative Wege bei unerfülltem Kinderwunsch können sehr unterschiedlich aussehen. Manche Paare entscheiden sich für Adoption oder ein Pflegekind. Andere spüren, dass ein bewusstes Leben als kleine Familie für sie stimmig ist. Jede Entscheidung hat ihre eigene Berechtigung – es gibt kein „richtig“ oder „falsch“.
In meinem Coaching erlebe ich, dass es entlastend sein kann, die Aufmerksamkeit auch auf das zu lenken, was bereits da ist: die Zeit mit dem ersten Kind, gemeinsame Erlebnisse, Freundschaften, Hobbys oder Rituale, die Halt geben. Diese Perspektive schenkt neue Energie für das, was bleibt – und öffnet den Blick auf das, was noch möglich ist.
Eine kleine Übung für dich:
Notiere drei Dinge, die dein Leben jetzt schon bereichern – und drei Werte, die du deiner Familie mitgeben möchtest, unabhängig von der Kinderzahl. Lies dir diese Liste regelmäßig durch. So weitet sich der Blick Schritt für Schritt: weg vom Mangel, hin zu dem, was dir Halt und Sinn gibt.
Man muss da nicht allein durch
Der unerfüllte Wunsch nach einem Geschwisterkind kann zu einer dauerhaften Belastung führen. Wer das Gefühl hat, die Sehnsucht allein tragen zu müssen, entwickelt oft chronischen Stress – mit Folgen für Körper, Psyche und Partnerschaft .
Es gibt Wege, die dich entlasten können. Auf meiner Themenseite Geschwisterkindwunsch findest du weitere Impulse. Und im Artikel Stress bei Kinderwunsch: 7 Wege zu mehr Gelassenheit habe ich Ideen gesammelt, wie du deine innere Ruhe stärken kannst.
Wenn du merkst, dass du allein nicht weiterkommst: In meinem Coaching begleite ich dich dabei, Schritt für Schritt wieder Klarheit und Gelassenheit zu gewinnen – und deinen Weg bewusster zu gestalten.
Häufige Fragen zur sekundären Sterilität
Sie liegt vor, wenn nach einer bereits erfolgten Schwangerschaft innerhalb von zwölf Monaten trotz regelmäßigem Geschlechtsverkehr keine erneute Schwangerschaft eintritt. (Quelle: WHO)
Weltweit erlebt etwa jede sechste Person im reproduktiven Alter Infertilität. Sekundäre Sterilität tritt in ähnlicher Größenordnung wie die primäre auf. (Quelle: WHO, CDC)
Unter 35 Jahren nach 12 Monaten, ab 35 Jahren bereits nach 6 Monaten – oder früher, wenn bekannte Risikofaktoren vorliegen.
Alter, hormonelle Veränderungen, Endometriose oder PCOS, Komplikationen nach der Geburt, Spermienqualität oder auch Lebensstilfaktoren wie Stress und Schlafmangel.
Coaching ersetzt keine medizinische Behandlung, kann aber den seelischen Druck mindern: Gefühle sortieren, Schuld loslassen, Partnerschaft entlasten, innere Ruhe und neue Perspektiven finden.
Die Autorin
Ich bin Claudia Moser – Systemische Coach und zertifizierte PEP®- Coach. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie herausfordernd ein unerfüllter Kinderwunsch sein kann. In meinem Coaching unterstütze ich dabei, Stress abzubauen, innere Ruhe zu finden und neue Perspektiven zu entdecken. Gemeinsam mit meinem Mann lebe ich in Karlsruhe, meine Beratungen finden jedoch online statt – sodass du ganz unabhängig vom Ort teilnehmen kannst. Über diesen Link kannst du eine kostenfreie Erstberatung buchen: Jetzt Termin vereinbaren