Ungewollte Kinderlosigkeit verarbeiten: So gelingt es dir

Als sich abzeichnete, dass ich nie eigene Kinder haben werde, geriet ich in eine Krise. Was ich gelernt habe als ich den unerfüllten Kinderwunsch verarbeitet habe, das möchte ich hier teilen.

Claudia Moser ungewollte Kinderlosigkeit verarbeiten

Empfehlung 1: Gib deinen Emotionen Raum

Eine Fehlgeburt in der 10. Woche setzte den schmerzhaften Schlusspunkt hinter körperlich und psychisch anstrengende Jahre der künstlichen Befruchtung. Zuerst war ich fassungslos und enttäuscht. Dann stürzte ich mich in meine Arbeit. Das lenkte mich ab.

 

Von Monat zu Monat schwand jedoch mein gewohnter Elan. Das Leben wurde mir schrecklich egal. So kannte ich micht nicht. Schließlich stellte ich mich meinem Kummer und suchte erfahrene Unterstützung.

 

Das kannst du daraus lernen:

 

  • Trauer, Wut, Angst, Scham brauchen Raum, damit wir sie verarbeiten und loslassen können. Wenn du befürchtest, von deinen Emotionen überflutet zu werden, dann hole dir Unterstützung.
  • Du kannst deinen Emotionen ganz bewusst täglich einen bestimmten Zeitraum reservieren. Beispielsweise abends eine halbe Stunde, wenn es ruhiger ist. Klingt komisch? Es hilft wirklich. Bald werden sie dich nicht mehr aus heiterem Himmel überfallen. Mache in dieser Zeit, was du willst. Schreiben, Musikhören, eine Kerze anzünden, Filme schauen, auf dem Sofa liegen.
  • Lass dich nicht davon irritieren, wenn andere dich nicht verstehen. Menschen, die Kinder haben oder bewusst kinderlose Menschen wissen nicht, wie du dich fühlst. Für nahe Menschen ist dieser Artikel hilfreich.

Empfehlung 2: Hole dir Unterstützung

Mein Selbstbewusstsein litt stark in dieser Zeit. Immer wieder hatte ich ja erlebt, dass auch meine größten Anstrengungen nicht zum gewünschten Ziel führten.

 

Die Gedanken drehten sich im Kreis. „Wie soll ich mit Selbstvorwürfen und Zweifeln optimistisch in die Zukunft blicken? Wo ist MEIN Platz in einer Gesellschaft, in der eigene Kinder ganz natürlich dazu gehören? Wie halte ich es aus, wenn Freundinnen ihre Schwangerschaft verkünden? Habe ich mir mit der Kinderwunschbehandlung geschadet? Was antworte ich auf Kommentare wie: „Na, wann ist es bei euch soweit?“

 

Schließlich überwand ich meine Skrupel und nahm eine Beratung in Anspruch.

Zuerst suchte ich therapeutische Unterstützung. Sie half, den größten Schmerz zu verarbeiten. Später lernte ich mit einer Coach das Leben wieder zuversichtlich anzupacken. Ich konnte wieder vorwärts denken und eine neue Perspektive für mich entwickeln.

 

Das kannst du daraus lernen:

 

  • Bleib nicht alleine in dieser schwierigen Situation und suche dir Unterstützung. Aus einer nicht verarbeiteten ungewollten Kinderlosigkeit kann sich eine Depression entwickeln.
  • Ich hatte mich für professionelle Begleitung durch eine Psycho-Therapeutin und eine Coach entschieden. Oft sprach ich mit meinem Mann. Auch verständnisvolle Freunde und Angehörige sind hilfreich.
  • Auf Social Media gibt es geschlossene Gruppen für Frauen und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Dort kannst du dich mit anderen Betroffenen austauschen. Vorsicht ist angebracht wenn negative Beiträge überhand nehmen. Sie halten eher im Kummer fest, als zu ermutigen.

Empfehlung 3: Sei geduldig mir dir

Während der Krise nach dem unerfüllten Kinderwunsch hatte ich das Bild eines dunklen, langen Tunnels vor Augen. Aus Erfahrung wusste ich zwar, dass es am Ende eines Tunnels hell wird, doch ich blieb skeptisch. Ein lebenskluger Freund sagte es so. “Wenn du lange über deine körperlichen und seelischen Grenzen hinweg gehst, dauert es, bis du dich davon erholst.”

 

Ich brauchte Geduld, um meinen unerfüllten Kinderwunsch zu verarbeiten. Irgendwann hatte ich das Ende des Tunnels erreicht.

 

Das kannst du daraus lernen:

 

  • Nach einem Marathon braucht es eine Pause zur Erholung. Das ist uns allen klar. Ungewollt kinderlos zu bleiben, ist viel anstrengender als ein Marathon.
  • Nimm dir Zeit für die Erholung. Ein täglicher Spaziergang von 30 bis 60 Minuten tut hier wahre Wunder! Am besten gleich morgens direkt nach dem Aufstehen. Das kostet anfangs ein wenig Überwindung. Doch schon nach ein paar Tagen wirst du spüren, dass du dich rundum wohler fühlst. 
  • Wichtig: Bleib geduldig mit dir und mach weder dir selbst noch anderen Vorwürfe. Vorwürfe verbessern nichts!

Empfehlung 4: Nimm Abschied

Von Jahr zu Jahr versöhnte ich mich mehr mit meinem Schicksal. Ich gewöhnte mich daran, ungewollt kinderlos zu sein.

 

Eines Tages überfiel mich ohne Vorwarnung plötzlich wieder die Trauer. Ich wartete nicht lange und sprach mit einer Therapeutin. „Haben Sie damals von den ungeborenen Kindern Abschied genommen?“ fragte sie. Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Jetzt dämmerte mir was fehlte. Eine Verabschiedung für die Kinder, die ich durch Fehlgeburten verloren hatte. Aber auch für die Kinder, die es in meiner Vorstellung gab.

 

In einem Brief nahm ich Abschied von ihnen. Mit meinem Mann suchte ich einen schönen Platz in der Natur. Wir verbrannten den Brief und ich ließ sie gehen. Danach war mir sehr viel leichter ums Herz.

 

Das kannst du daraus lernen:

 

  • Nicht ohne guten Grund pflegen wir das Ritual der Trauerfeier, wenn ein Mensch verstirbt. Ein feierlicher Abschluss hilft beim Abschiednehmen und Verarbeiten.
  • Ein unerfüllter Kinderwunsch kann sich anfühlen wie der Verlust eines geliebten Menschen. In der Vorstellung haben die Kinder ja bereits existiert. Es ist heilsam, das zu würdigen und hilft maßgeblich dabei, ungewollte Kinderlosigkeit zu verarbeiten.
  • Wenn du ein Abschiedsritual planst, vertraue deiner Phantasie. Lass die andern reden. Sie sind nicht in der Lage, es zu fühlen.

Empfehlung 5: Sorge für leichte Momente

Es war mein Mann, der in dieser Zeit maßgeblich für die leichten Momente sorgte. Ihn traf die ungewollte Kinderlosigkeit auch aber nicht im gleichen Ausmaß.

 

Trotz meiner bedrückten Stimmung unternahmen wir regelmäßig etwas, trafen Freunde, gingen in Konzerte, wanderten und feierten Feste. Die Aktivitäten ermöglichten mir, neue Eindrücke zu sammeln und aufzutanken. Mit der Zeit bemerkte ich, dass ich mich wieder lebendig fühle.

 

Das kannst du daraus lernen:

 

  • Auch wenn sich leichte Momente anfangs nicht „leicht“ anfühlen, tun sie der Seele gut.
  • Mit der Zeit merkst du, dass du dich wieder lebendig fühlst.

Die Autorin

Claudia Moser ist Systemische Coach und PEP® Practitioner. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt es, Trekkingtouren im Himalaya zu machen und spontane Kochabende mit Freunden zu verbringen.

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