„Entspann dich, dann klappt das schon!“ – ein Satz, den viele Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch nur zu gut kennen. Doch wie soll man entspannen, wenn es um einen so großen Herzenswunsch geht, der den eigenen Lebensentwurf maßgeblich beeinflusst? In diesem Artikel erfährst du, warum Stress beim Kinderwunsch so häufig auftritt, welche Auswirkungen dieser Stress haben kann und welche Strategien dir helfen, mental besser damit umzugehen.
Von klein auf lernen wir, Pläne zu machen und unsere Ziele mit Fleiß und Ausdauer zu erreichen. Beim Kinderwunsch jedoch klappt das nicht so einfach. Stress beim Kinderwunsch entsteht vor allem deshalb, weil wir keine Garantie haben, dass sich dieser Wunsch planbar erfüllt.
Diese Ungewissheit kann starke Emotionen auslösen: Enttäuschung, Angst, Ohnmacht, Traurigkeit, Scham, Ärger oder auch Neid, wenn andere Paare schwanger werden. Auch Schuldgefühle und Selbstvorwürfe sind häufig. Je länger der unerfüllte Kinderwunsch anhält, desto mehr neigen viele Menschen zu Grübeleien wie: „Habe ich etwas falsch gemacht? Warum trifft es gerade uns?“
Solche Gedanken können sich zu einer belastenden Gedankenspirale entwickeln, die schwer zu durchbrechen ist.
Reproduktionsmedizin kann helfen, den Kinderwunsch zu erfüllen. Doch der psychische Stress, der mit Kinderwunschbehandlungen einhergeht, wird oft unterschätzt. Laut einer Studie empfinden 73 % der Frauen und 67 % der Männer die seelische Belastung während der Behandlung als sehr hoch (Wippermann).
Oft bleibt es nicht bei einer einzigen Behandlung, sondern es folgen weitere Zyklen. Viele geraten so in einen Kreislauf aus Hoffen, Bangen und immer neuen Behandlungsversuchen, was den Stress chronisch machen kann.
Ein gemeinsames Kind ist in unserer Gesellschaft oft ein Zeichen für eine erfüllte Partnerschaft und gelebte Sexualität. Der unerfüllte Kinderwunsch kann daher starken Druck auf die Beziehung ausüben.
Hinzu kommt, dass die Partner unterschiedlich mit der Belastung umgehen. Während der eine offen spricht, zieht sich der andere zurück. Das kann Missverständnisse und Verletzungen begünstigen. Auch die „Sexualität nach Terminplan“ kann den Druck erhöhen und die Intimität beeinträchtigen.
Unerfüllter Kinderwunsch und Kinderwunschbehandlungen sind oft noch mit Vorurteilen behaftet. Viele Betroffene vermeiden es, offen darüber zu sprechen, aus Angst vor negativen Reaktionen oder Stigmatisierung (Wippermann, 2020).
Gut gemeinte, aber verletzende Kommentare aus dem Umfeld, wie „Entspann dich, dann klappt das schon“, verstärken das Gefühl der Isolation.
Stress wirkt sich indirekt auf Fruchtbarkeit und Behandlungserfolg aus. Ungesunde Bewältigungsstrategien wie Rauchen oder Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, reduzierte Libido und Schlafstörungen können die Chancen auf eine Schwangerschaft mindern.
Die Belastung durch den unerfüllten Kinderwunsch kann das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und langfristig zu Depressionen führen. Das Gefühl des „Versagens“ höre ich oft von Klientinnen und Klienten.
Egal, an welchem Punkt du auf deinem Weg stehst: Deine mentale und körperliche Gesundheit sollte immer im Fokus bleiben.
Sich früh Gedanken zu machen, was der Kinderwunsch für dich bedeutet und welche Möglichkeiten es gibt, kann Orientierung geben. Überlege, welche Grenzen du setzen möchtest und wie du dir ein Leben auch ohne Kind vorstellen kannst.
Fragen, die dir / euch helfen können, um Klarheit zu gewinnen:
Das Nachdenken über alternative Wege, wie Adoption oder andere Lebenskonzepte, kann den Druck verringern und die Lebensqualität verbessern.
Bleibt im Austausch, zeigt euch gegenseitig Trost und Unterstützung. Gönnt euch bewusst Pausen vom Kinderwunsch, um Kraft zu tanken.
Sprich mit vertrauensvollen Menschen oder suche professionelle Hilfe, etwa Coaching oder Therapie. Das ist ein Zeichen von Stärke.
Ja, Stress wirkt sich indirekt auf die Fruchtbarkeit aus. Er kann hormonelle Abläufe stören, das Ess- und Schlafverhalten verändern und die Libido senken – all das beeinflusst die Chance auf eine Schwangerschaft negativ.
Wichtig sind eine bewusste innere Haltung, der Austausch mit vertrauten Menschen, Pausen vom Thema und ggf. professionelle Unterstützung durch Coaching oder Therapie. Auch körperliche Aktivitäten und Entspannungstechniken helfen, Stress abzubauen.
Ja, das Nachdenken über alternative Lebenswege oder Familienformen kann helfen, den Druck zu mindern und die Lebensqualität zu verbessern. Ein Plan B bedeutet nicht aufzugeben, sondern sich selbst Freiraum zu geben.
Sprecht offen über eure Gefühle, hört aktiv zu und akzeptiert unterschiedliche Reaktionen. Gemeinsame Pausen vom Thema Kinderwunsch können die Beziehung stärken.
Es gibt Kinderwunschvereine, Selbsthilfegruppen und Online-Communities. Außerdem sind spezialisierte Coaches, Therapeut:innen und Berater:innen eine gute Anlaufstelle.
„Ein Kind ist nicht zu ersetzen, aber auch ohne Kind kann ein glückliches Leben gelingen.“ (Bettina Klenke-Lüders)
Dieser Satz würdigt den Wunsch nach einem Kind und zeigt, dass es dennoch erfüllende Lebenswege gibt.
Claudia Moser ist Systemische Coach und ausgebildete PEP®-Anwenderin. Sie hilft Menschen mit Kinderwunsch dabei, Stress abzubauen und zuversichtlich und selbstbestimmt den eigenen Weg zu finden. Claudia kennt die Herausforderungen eines unerfüllten Kinderwunsches aus dem eigenen Leben. Sie lebt mit ihrem Mann in Karlsruhe, liebt Trekkingtouren im Himalaya und spontane Kochabende mit Freunden.